Streifzüge einer jungen Deutschen durch das Andalusien des Jahres 1955
![[Img #83830]](http://el7set.es/upload/images/11_2021/9088_98268642_1645718688926133_5836360329012969472_n.jpg)
Nach einem dreimonatigen tollen und interessanten Aufenthalt in Madrid, den ich einem Studentenaustausch zu verdanken hatte, verabschiedete ich mich am 20. November von meiner reizenden Gastfamilie, um noch, vor meiner Rückfahrt nach Deutschland, Andalusien einen Besuch abzustatten.
Der “Express“ nach Córdoba verließ pünktlich um 23 Uhr den Bahnhof, und nachdem mich im Laufe der Fahrt alle Mitreisenden verlassen hatten, machte ich es mir gegen 1 Uhr im Abteil bequem und schützte mich gegen die aus allen Ritzen eindringende Kälte mit einer Woll- und einer Schlafanzugjacke. Ankunft in Córdoba mit 1 ½ stündiger Verspätung, Gang zur nahegelegenen Touri Info, um mir eine preiswerte Unterkunft zu besorgen und Ankunft in der “Pensión Central“ mit ihrem bezaubernden Innenhof mit Brunnen, Pflanzen und Blumen all überall. Es waren besonders diese Innenhöfe, die Patios, mit ihren Keramiksockeln, ihren Pflanzen, Brunnen, den hängenden und stehenden Blumen und den schmiedeeisernen Gittern, die mich in Córdoba bezauberten. Auch beeindruckten mich die Mezquita mit ihrem
“Säulenwald“ und die vielen Alleen mit ihren Bars, Cafeterías und Restaurants. Und noch etwas beeindruckte mich: die Sauberkeit der Stadt. Sollte ich da womöglich an Madrid gedacht haben?
Der Zug nach Sevilla traf mit 1 ½ Stunden Verspätung ein; nach einer weiteren Stunde Aufenthalt, mit bereits im Zug sitzenden Reisenden, ging es endlich los; Ankunft in Sevilla mit drei Stunden Verspätung und nach kurzweiliger Fahrt, dank lebhafter Unterhaltungen und eines Reisenden, der Wurst, Brot und Schinken anbot. In Sevilla leistete ich mir den Luxus eines mozos, eines Gepäckträgers, die damals die Bahnsteige der Bahnhöfe bevölkerten und die oft mit Pensionen zusammenarbeiteten Stellen Sie sich das Gewicht meines Koffers vor, der Kleidung für 4 Monate enthielt. Leider trugen wir Frauen und Mädchen damals noch keine langen Hosen, dabei wären Jeans so praktisch gewesen! Und zu allem Überfluss hatte der Koffer auch noch keine Rollen! Nach einem kleinen Abstecher über das bekannte Viertel La Cruz, landete ich in “La Gloria“, die Betten, fließendes Wasser, Bad und Duschen, kurzum “jeden Komfort“ anbot. Bevor ich mit meinen Besichtigungen begann, frühstückte ich des Morgens Churros an einem nahegelegenen Churro Stand und wunderte mich, dass die Frauen mit Lockenwicklern und gesteppten Morgenmänteln zum Einkaufen gingen.
In Sevilla besichtigte ich alles Besichtigungswerte, bis auf die Giralda, den berühmten Turm der Kathedrale. Das Besteigen war weder Einzelpersonen – man hätte sich ja in selbstmörderischer Absicht vom Turm stürzen können -,noch Pärchen ohne Begleitung gestattet . Es gab keine Touristengruppen, denen ich mich hätte anschließen können, Spanierinnen reisten noch nicht und Männer mit einer einzelnen Frau, das würde ja in Gruppensex ausarten! Es war während einer der Reisen mit den Senioren von Alcossebre, dass ich endlich auf die Giralda steigen konnte, auf bequemen Rampen, die inzwischen die ehemaligen Treppen ersetzt hatten.
In Sevilla erfuhr ich, dass Apfelsine nicht gleich Apfelsine ist. Bei einem Spaziergang über den patio de los Naranjos, den Orangenhof der Kathedrale, sah ich eines Tages mehrere wunderschöne, auf dem Boden liegende Orangen. “Welch preiswerter, köstlicher Nachtisch für meine bescheidenen Mahlzeiten“, dachte ich. Von köstlich konnte natürlich keine Rede sein, aber was wusste ich schon von nur der Dekoration dienenden Orangenbäumen!
Von Sevilla ging´s per Zug nach Jerez de la Frontera, wo ich ein winziges Zimmer inmitten der Altstadt mit ihren gepflasterten Gassen und ihren weiß getünchten Häusern mietete. Es gab einen Tagesausflug nach Cádiz, wobei der Zug für 50 km zwei Stunden brauchte, und in Jerez einen Besuch der ältesten und bekanntesten Sherry Bodega, der Bodega von Pedro Domenech, wo ich nach dem Kosten der verschiedenen finos, amontillados, olorosos und manzanillas die aufsteigende Hitze mit einem trockenen Brötchen einzudämmen versuchte.
Von Jerez brachte mich ein Bus nach Ronda, dessen Besuch mir meine aus Málaga stammenden Gasteltern wärmstens empfohlen hatten. Unterwegs gab es einen kurzen Aufenthalt am Fuß des auf einem Felsen erbauten Arcos de la Frontera, das ich zu gern besucht hätte. Damals ahnte ich nicht, dass ich viele Jahre später, dank der von den Senioren von Alcossebre organisierten Reisen, zweimal dieses historische und malerische Städtchen besuchen würde.
In Ronda, das mich von Anfang an in seinen Bann zog, fand ich Unterkunft in “La Andalucía“, deren Wirte mich an den bereits kühlen Abenden zum gemeinsamen Sitzen um die “mesa camilla“ einluden, den runden Tisch, bedeckt mit einer Decke, mit der man sich bis zur Taille zudeckte, um sich von dem im unteren Teil des Tisches eingelassenen glühenden Kohlebecken, dem brasero, wärmen zu lassen.
Tagsüber durchstreifte ich alle Gassen und Gässchen mit ihrem holprigen Pflaster und den blendend weißen kleinen Häusern, besuchte alle oben und unten gelegenen Viertel, bestaunte den Tajo von der Neuen Brücke, stieg zu ihm hinunter, sah ältere, schwarz gekleidete Frauen mit großen wollenen Umhängen, vor den Bars sitzende Männer und viele schmutzige, teilweise ohne Hose spielende Kinder, Szenen, die sich während meiner Reise durch Andalusien wiederholen sollten.
Eines Tages saß ich auf einer Mauer und beobachtete auf einer der nahegelegenen Gassen drei schwarz gekleidete ältere Frauen mit ihren Wasserkrügen, als plötzlich vom in der Nähe gelegenen Militärsanatorium 4 Soldaten in Begleitung von 2 jungen Frauen erschienen. Nachdem sie längere Zeit miteinander geflüstert und mich immer wieder angeschaut hatten, trauten sie sich schließlich mich anzusprechen. Es folgte eine längere angeregte Unterhaltung, an deren Ende ich gebeten wurde, einige Fotos von ihnen zu machen. Mein Schreiben mit den Fotos und ein weiteres wurden mit jeweils 2 Briefen beantwortet, die ich wie einen Schatz hüte. Encarna schrieb, auch im Namen ihrer Freundin Lina, u.a. “....auch wir werden ein Foto schicken, damit Sie einige Andalusierinnen haben und so Ronda weniger vergessen. ... Wir wissen bereits, dass Sie die Tochter eines Arztes sind und daher eine Zukunft haben, aber ich weiß nicht ob Sie gemerkt haben, dass Ronda zwar schön aber arm ist.“
Orthographie entsprechend der andalusischen Aussprache.
Gabriel beschreibt das fröhliche und feiernde Andalusien: “... außerhalb Andalusiens gibt es einige Vergnügungen, nie wie Andalusien, die Schöne, die Rose der ganzen Welt. In uns wohnt die Fröhlichkeit, von der andere Gegenden etwas aufschnappen wollen, wobei die Leute unsere Gebräuche nachahmen, aber die Anmut ganz Spaniens liegt in Andalusien.“
Von Ronda ging´s in denkwürdiger Reise nach Málaga. Abfahrt frühmorgens um
5 Uhr. Der Bahnsteig quoll über vor Leuten und Gepäck, und ich sah mich bereits während der ganzen Fahrt stehen, aber nach der Abfahrt war der Bahnsteig fast genauso voll wie vorher, von Leuten, die ihre Lieben bis zur Abfahrt in das entfernte Málaga begleiten wollten. Aber auch der Wagen war vollgepackt mit Reisenden, Koffern, Kisten, Paketen, Beuteln und sogar Käfigen mit Hühnern. Nach einer Stunde tat mir bereits der Po vom Sitzen auf der harten Holzbank der 3. Klasse weh, aber daran dachte ich bald nicht mehr, denn die Stimmung im Wagen wuchs je mehr die bota, die lederne Weinflasche, ihre Runde machte, worauf ich leider beim Gedanken an meine Kleidung verzichten musste. Es war nicht nur eine vergnügte sondern auch eine spannungsgeladene Fahrt, fuhr doch der Zug gelegentlich haarscharf an Felsen und Abgründen vorbei. Und dann ging auch noch eine Tür auf, die erst nach geraumer Zeit von einem Mutigen geschlossen wurde.
In Málaga erwartete mich ein Bruder meiner Gastmutter, der mir in der zentral gelegenen Casa Curro ein Zimmer besorgt hatte und der mich, wie auch einer seiner Freunde, zu tapas mit Austern, Venusmuscheln und chanquetes einlud, immer in Begleitung der entsprechenden chatos, der mit Sherry gefüllten Gläschen. Gelegentliche Mittag- oder Abendessen stellten eine willkommene Abwechslung meiner kargen, aus einer Dose Ölsardinen oder Thunfisch bestehenden Mahlzeiten dar. Nur sehr selten gestattete ich mir den Luxus, in einem Lokal “chipirones en su tinta“ – kleine Tintenfische in Tinte – zu bestellen.
Eines Morgens fuhr ich mit dem Bus nach Torremolinos, das damals noch zu Málaga gehörte. Ich durchkreuzte das kleine Fischerdorf und ging zum einsamen Strand, um ein Bad im etwas bewegten Meer zu nehmen, aus dem herauszukommen ich später meine Schwierigkeiten haben sollte, daher mein “Wellentrauma“.
Und schon bin ich in Granada, der letzten Station meiner Andalusienreise. Ich mietete ein Zimmer in der in Bahnhofsnähe gelegenen “Gran Pensión de los Cármenes“ und begann meine Besichtigungen. Es ging zur Kathedrale und zur Capilla Real, der Grablege der Katholischen Könige, zur Cartuja, zur Alhambra und zum Generalife, zum malerischen Albaicín, dem ältesten Stadtviertel Granadas, mlt seinen holprigen Gassen und weißen Häusern und dem berühmten Blick auf die gegenüber liegende Alhambra. Natürlich durfte auch das auf einem von Höhlen durchzogene Berg gelegene Sacromonte nicht fehlen, das Viertel der Zigeuner und des Flamenco, damals ein armes und schmutziges Viertel, in dem einen Frauen und Kinder verfolgten und um “ein kleines Geschenk“ baten, kein Vergleich zum heutigen Kult- und Touristenzentrum.
Und damit endet meine bereits historische Reise durch das Andalusien des Jahres 1955.
Nach einem dreimonatigen tollen und interessanten Aufenthalt in Madrid, den ich einem Studentenaustausch zu verdanken hatte, verabschiedete ich mich am 20. November von meiner reizenden Gastfamilie, um noch, vor meiner Rückfahrt nach Deutschland, Andalusien einen Besuch abzustatten.
Der “Express“ nach Córdoba verließ pünktlich um 23 Uhr den Bahnhof, und nachdem mich im Laufe der Fahrt alle Mitreisenden verlassen hatten, machte ich es mir gegen 1 Uhr im Abteil bequem und schützte mich gegen die aus allen Ritzen eindringende Kälte mit einer Woll- und einer Schlafanzugjacke. Ankunft in Córdoba mit 1 ½ stündiger Verspätung, Gang zur nahegelegenen Touri Info, um mir eine preiswerte Unterkunft zu besorgen und Ankunft in der “Pensión Central“ mit ihrem bezaubernden Innenhof mit Brunnen, Pflanzen und Blumen all überall. Es waren besonders diese Innenhöfe, die Patios, mit ihren Keramiksockeln, ihren Pflanzen, Brunnen, den hängenden und stehenden Blumen und den schmiedeeisernen Gittern, die mich in Córdoba bezauberten. Auch beeindruckten mich die Mezquita mit ihrem
“Säulenwald“ und die vielen Alleen mit ihren Bars, Cafeterías und Restaurants. Und noch etwas beeindruckte mich: die Sauberkeit der Stadt. Sollte ich da womöglich an Madrid gedacht haben?
Der Zug nach Sevilla traf mit 1 ½ Stunden Verspätung ein; nach einer weiteren Stunde Aufenthalt, mit bereits im Zug sitzenden Reisenden, ging es endlich los; Ankunft in Sevilla mit drei Stunden Verspätung und nach kurzweiliger Fahrt, dank lebhafter Unterhaltungen und eines Reisenden, der Wurst, Brot und Schinken anbot. In Sevilla leistete ich mir den Luxus eines mozos, eines Gepäckträgers, die damals die Bahnsteige der Bahnhöfe bevölkerten und die oft mit Pensionen zusammenarbeiteten Stellen Sie sich das Gewicht meines Koffers vor, der Kleidung für 4 Monate enthielt. Leider trugen wir Frauen und Mädchen damals noch keine langen Hosen, dabei wären Jeans so praktisch gewesen! Und zu allem Überfluss hatte der Koffer auch noch keine Rollen! Nach einem kleinen Abstecher über das bekannte Viertel La Cruz, landete ich in “La Gloria“, die Betten, fließendes Wasser, Bad und Duschen, kurzum “jeden Komfort“ anbot. Bevor ich mit meinen Besichtigungen begann, frühstückte ich des Morgens Churros an einem nahegelegenen Churro Stand und wunderte mich, dass die Frauen mit Lockenwicklern und gesteppten Morgenmänteln zum Einkaufen gingen.
In Sevilla besichtigte ich alles Besichtigungswerte, bis auf die Giralda, den berühmten Turm der Kathedrale. Das Besteigen war weder Einzelpersonen – man hätte sich ja in selbstmörderischer Absicht vom Turm stürzen können -,noch Pärchen ohne Begleitung gestattet . Es gab keine Touristengruppen, denen ich mich hätte anschließen können, Spanierinnen reisten noch nicht und Männer mit einer einzelnen Frau, das würde ja in Gruppensex ausarten! Es war während einer der Reisen mit den Senioren von Alcossebre, dass ich endlich auf die Giralda steigen konnte, auf bequemen Rampen, die inzwischen die ehemaligen Treppen ersetzt hatten.
In Sevilla erfuhr ich, dass Apfelsine nicht gleich Apfelsine ist. Bei einem Spaziergang über den patio de los Naranjos, den Orangenhof der Kathedrale, sah ich eines Tages mehrere wunderschöne, auf dem Boden liegende Orangen. “Welch preiswerter, köstlicher Nachtisch für meine bescheidenen Mahlzeiten“, dachte ich. Von köstlich konnte natürlich keine Rede sein, aber was wusste ich schon von nur der Dekoration dienenden Orangenbäumen!
Von Sevilla ging´s per Zug nach Jerez de la Frontera, wo ich ein winziges Zimmer inmitten der Altstadt mit ihren gepflasterten Gassen und ihren weiß getünchten Häusern mietete. Es gab einen Tagesausflug nach Cádiz, wobei der Zug für 50 km zwei Stunden brauchte, und in Jerez einen Besuch der ältesten und bekanntesten Sherry Bodega, der Bodega von Pedro Domenech, wo ich nach dem Kosten der verschiedenen finos, amontillados, olorosos und manzanillas die aufsteigende Hitze mit einem trockenen Brötchen einzudämmen versuchte.
Von Jerez brachte mich ein Bus nach Ronda, dessen Besuch mir meine aus Málaga stammenden Gasteltern wärmstens empfohlen hatten. Unterwegs gab es einen kurzen Aufenthalt am Fuß des auf einem Felsen erbauten Arcos de la Frontera, das ich zu gern besucht hätte. Damals ahnte ich nicht, dass ich viele Jahre später, dank der von den Senioren von Alcossebre organisierten Reisen, zweimal dieses historische und malerische Städtchen besuchen würde.
In Ronda, das mich von Anfang an in seinen Bann zog, fand ich Unterkunft in “La Andalucía“, deren Wirte mich an den bereits kühlen Abenden zum gemeinsamen Sitzen um die “mesa camilla“ einluden, den runden Tisch, bedeckt mit einer Decke, mit der man sich bis zur Taille zudeckte, um sich von dem im unteren Teil des Tisches eingelassenen glühenden Kohlebecken, dem brasero, wärmen zu lassen.
Tagsüber durchstreifte ich alle Gassen und Gässchen mit ihrem holprigen Pflaster und den blendend weißen kleinen Häusern, besuchte alle oben und unten gelegenen Viertel, bestaunte den Tajo von der Neuen Brücke, stieg zu ihm hinunter, sah ältere, schwarz gekleidete Frauen mit großen wollenen Umhängen, vor den Bars sitzende Männer und viele schmutzige, teilweise ohne Hose spielende Kinder, Szenen, die sich während meiner Reise durch Andalusien wiederholen sollten.
Eines Tages saß ich auf einer Mauer und beobachtete auf einer der nahegelegenen Gassen drei schwarz gekleidete ältere Frauen mit ihren Wasserkrügen, als plötzlich vom in der Nähe gelegenen Militärsanatorium 4 Soldaten in Begleitung von 2 jungen Frauen erschienen. Nachdem sie längere Zeit miteinander geflüstert und mich immer wieder angeschaut hatten, trauten sie sich schließlich mich anzusprechen. Es folgte eine längere angeregte Unterhaltung, an deren Ende ich gebeten wurde, einige Fotos von ihnen zu machen. Mein Schreiben mit den Fotos und ein weiteres wurden mit jeweils 2 Briefen beantwortet, die ich wie einen Schatz hüte. Encarna schrieb, auch im Namen ihrer Freundin Lina, u.a. “....auch wir werden ein Foto schicken, damit Sie einige Andalusierinnen haben und so Ronda weniger vergessen. ... Wir wissen bereits, dass Sie die Tochter eines Arztes sind und daher eine Zukunft haben, aber ich weiß nicht ob Sie gemerkt haben, dass Ronda zwar schön aber arm ist.“
Orthographie entsprechend der andalusischen Aussprache.
Gabriel beschreibt das fröhliche und feiernde Andalusien: “... außerhalb Andalusiens gibt es einige Vergnügungen, nie wie Andalusien, die Schöne, die Rose der ganzen Welt. In uns wohnt die Fröhlichkeit, von der andere Gegenden etwas aufschnappen wollen, wobei die Leute unsere Gebräuche nachahmen, aber die Anmut ganz Spaniens liegt in Andalusien.“
Von Ronda ging´s in denkwürdiger Reise nach Málaga. Abfahrt frühmorgens um
5 Uhr. Der Bahnsteig quoll über vor Leuten und Gepäck, und ich sah mich bereits während der ganzen Fahrt stehen, aber nach der Abfahrt war der Bahnsteig fast genauso voll wie vorher, von Leuten, die ihre Lieben bis zur Abfahrt in das entfernte Málaga begleiten wollten. Aber auch der Wagen war vollgepackt mit Reisenden, Koffern, Kisten, Paketen, Beuteln und sogar Käfigen mit Hühnern. Nach einer Stunde tat mir bereits der Po vom Sitzen auf der harten Holzbank der 3. Klasse weh, aber daran dachte ich bald nicht mehr, denn die Stimmung im Wagen wuchs je mehr die bota, die lederne Weinflasche, ihre Runde machte, worauf ich leider beim Gedanken an meine Kleidung verzichten musste. Es war nicht nur eine vergnügte sondern auch eine spannungsgeladene Fahrt, fuhr doch der Zug gelegentlich haarscharf an Felsen und Abgründen vorbei. Und dann ging auch noch eine Tür auf, die erst nach geraumer Zeit von einem Mutigen geschlossen wurde.
In Málaga erwartete mich ein Bruder meiner Gastmutter, der mir in der zentral gelegenen Casa Curro ein Zimmer besorgt hatte und der mich, wie auch einer seiner Freunde, zu tapas mit Austern, Venusmuscheln und chanquetes einlud, immer in Begleitung der entsprechenden chatos, der mit Sherry gefüllten Gläschen. Gelegentliche Mittag- oder Abendessen stellten eine willkommene Abwechslung meiner kargen, aus einer Dose Ölsardinen oder Thunfisch bestehenden Mahlzeiten dar. Nur sehr selten gestattete ich mir den Luxus, in einem Lokal “chipirones en su tinta“ – kleine Tintenfische in Tinte – zu bestellen.
Eines Morgens fuhr ich mit dem Bus nach Torremolinos, das damals noch zu Málaga gehörte. Ich durchkreuzte das kleine Fischerdorf und ging zum einsamen Strand, um ein Bad im etwas bewegten Meer zu nehmen, aus dem herauszukommen ich später meine Schwierigkeiten haben sollte, daher mein “Wellentrauma“.
Und schon bin ich in Granada, der letzten Station meiner Andalusienreise. Ich mietete ein Zimmer in der in Bahnhofsnähe gelegenen “Gran Pensión de los Cármenes“ und begann meine Besichtigungen. Es ging zur Kathedrale und zur Capilla Real, der Grablege der Katholischen Könige, zur Cartuja, zur Alhambra und zum Generalife, zum malerischen Albaicín, dem ältesten Stadtviertel Granadas, mlt seinen holprigen Gassen und weißen Häusern und dem berühmten Blick auf die gegenüber liegende Alhambra. Natürlich durfte auch das auf einem von Höhlen durchzogene Berg gelegene Sacromonte nicht fehlen, das Viertel der Zigeuner und des Flamenco, damals ein armes und schmutziges Viertel, in dem einen Frauen und Kinder verfolgten und um “ein kleines Geschenk“ baten, kein Vergleich zum heutigen Kult- und Touristenzentrum.
Und damit endet meine bereits historische Reise durch das Andalusien des Jahres 1955.