Jueves, 18 de Septiembre de 2025

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Helga Wendt de Jovaní
Jueves, 14 de Julio de 2022

Madrider Impressionen aus dem Jahr 1955

[Img #88054]Nach einigen wenigen, in San Sebastián und Santander verbrachten Tagen, kam ich endlich, nach langer, teilweise nächtlicher Bahnfahrt, in Madrid an, wo ich, bereits auf dem Bahnsteig, von den drei jüngeren Geschwistern meines bereits in Deutschland bei meinen Eltern und Geschwistern wohnenden Studentenaustauschpartners begrüßt wurde. Ungefähr drei Monate sollte ich nun in der Nummer 50 der Straße Ferraz wohnen, heute bekannt als Sitz der spanischen, sozialistischen Arbeiterpartei, der PSOE. Natürlich hat das heutige Gebäude nichts mehr mit dem damaligen Gebäude zu tun., einem jener herrschaftlichen Häuser vom Ende des XIX. Jahrhunderts, mit kleinen, schmiedeeisernen Balkonen vor den Fenstern, einem großen Portal und einem gläsernen Fahrstuhl, der sich in einer kunstvoll geschwungenen Art von schmiedeeisernem Gestänge bewegte. Dienstboten und Lieferanten benutzten einen separaten Eingang und Fahrstuhl.

Wenn man zu später Stunde nach Hause kam, war das Portal bereits geschlossen, und man musste durch Händeklatschen den zuständigen Nachwächter herbeirufen, der dann mit seinem riesigen Schlüsselbund auftauchte und die Tür aufschloss.

Nachtwächter kannten alle in ihrem Bezirk wohnenden Leute und waren ein nie versiegender Quell an Informationen. So ist es nicht verwunderlich, dass mich eines Morgens der jüngste Sohn meiner “spanischen Familie“ fragte, wer denn dieser dickliche junge Mann gewesen sei, der mich spätabends nach Hause begleitet hätte.

Die Wohnung, in der ich nun lebte, war ziemlich geräumig. Es gab ein Dienstmädchen und eine Köchin, die jeden Tag von der Hausfrau Anweisungen im Hinblick auf Essen und Einkäufe erhielt..

An meinem ersten Morgen bekam ich einen kleinen Schock, als das Mädchen ins Zimmer trat und ein Tablett mit meinem Frühstück auf den Nachttisch stellte. Ich sollte mich allerdings bald an diesen morgendlichen Service gewöhnen, wie auch an die für mich mehr als seltsamen Essenszeiten: Mittagessen 15.30 oder etwas später, Abendessen 23 Uhr. Wenn man dann das von den Spaniern “sobremesa“ genannte, anschließende Plaudern dazurechnete, erhob man sich immer reichlich spät vom Tisch, besonders nach dem Abend- besser gesagt Nachtessen, das sich des öfteren bis weit nach 1 Uhr hinzog. Daher machte ich gelegentlich ein Schläfchen zwischen 20 und 22 Uhr, um für die nächtliche Plauderrunde gewappnet zu sein.

Das damalige Madrid war noch nicht die riesige Metropole unserer Tage. Man konnte noch auf einer der Terrassen längs der Gran Vía sitzen und unbehelligt vom Verkehr seinen Wermut genießen.

Das Straßenbild wurde geprägt vom Fiat 500 und von Taxis, die sehr billig waren, weshalb mein “spanischer Vater“ jeden Morgen mit dem Taxi zur Arbeit fuhr. Ab und zu konnte man noch Taxis sehen, die plötzlich mitten auf der Straße stehenblieben, woraufhin ein entnervter Fahrer aus dem Wagen sprang und versuchte, durch wildes Drehen einer Kurbel das Taxi wieder in Gang zu setzen.

Die Straße Ferraz lag – und liegt – in der Nähe der Plaza de España mit dem großen, Cervantes gewidmeten Denkmal. Jedesmal, wenn ich den Platz auf meinem Weg ins Zentrum überquerte, begrüßte ich den auf seiner Rocinante reitenden Quijote und den auf seinem Esel sitzenden Sancho Panza.

Einer meiner Lieblingsplätze war die belebte, historische Plaza Mayor, über die damals noch Straßenbahnen fuhren, ein sehr preiswertes Verkehrsmittel. Noch billiger war es allerdings, beim Anfahren auf die Trittbretter und die hintere Plattform zu springen, ein besonders bei jungen Männern und Soldaten beliebter Sport. Es war ein Schauspiel, die mit dicken Menschentrauben behängten Straßenbahnen fahren zu sehen.

An Tagen, an denen mich der Hunger übermannte und ich nicht auf das späte Mittagessen warten wollte, kaufte ich mir in einer der vielen Fischbratküchen des Platzes ein knuspriges Brötchen mit gebratenem Tintenfisch, bei dessen Erinnerung mir noch heute das Wasser im Munde zusammenläuft. Inzwischen sind fast alle Fischbratküchen verschwunden, aber die Madrider Tintenfischbrötchen sind noch immer berühmt.

Bei meinen Spaziergängen durch den Retiro, den berühmten Madrider Stadtpark, traf ich wieder auf die mir bereits von San Sebatián und Santander her bekannten Ammen in ihren blau-weiß oder rot-weiß gestreiften Kleidern, auf die hochrädrigen Kinderwagen und die kleinen, in makeloses Weiß gekleideten Kinder. Spanien war jedoch immer noch ein armes Land, und so waren diese Kinder die Ausnahme, überwogen doch die unterernährten, ärmlich gekleideten und ungepflegten Kinder.

Des öfteren besuchte ich das Prado Museum, während es das Museum Thyssen-Bornemisza und das Museum für zeitgenössische Kunst Reina Sofia noch nicht gab. Letzteres war ein Krankenhaus, in das mich eines Tages ein Student einlud, um an einer Blinddarmoperation teilzunehmen., sicherlich mit dem Hintergedanken, mich ohnmächtig werden zu sehen, was ihm allerdings nicht gelang, abgesehen davon, dass wir in einer der letzten Reihen des stufenförmig ansteigenden Saales saßen, was uns Einzelheiten ersparte.

Gelegentlich ging ich am Sonntag morgen auf den Rastro, Madrids riesigen Flohmarkt, auf dem es praktisch alles zu kaufen gibt. Mich interessierten vor allem die Stände und Tische mit gebrauchten, alten Büchern, wobei ich immer das einzige weibliche Wesen inmitten von Männern war. Die meisten der damaligen Spanierinnen lasen nicht gern, wie sie auch nicht wanderten, durch Feld und Wald streiften oder interessante Gegenden und Orte erkundeten, da sie immer hochhackige Schuhe trugen. So gestand mir eine meiner spanischen Freundinnen, dass sie erst mit 60 ihre ersten flachen Schuhe getragen hätte. Beim Stichwort Schuhe fallen mir übrigens die vielen Schuhputzer ein, auf die man in allen spanischen Städten traf, wahre Meister in der Kunst, jeglichen Schuh zum Glänzen zu bringen. Besonders die Herren der Schöpfung liebten den Glanz ihrer Schuhe, wobei manche sich sogar immer vom gleichen Schuhputzer die Schuhe putzen ließen.

Schuhputzer waren ehrliche Leute, aber, wie überall, gab es natürlich auch Schlitzohren, die plötzlich einen Absatz in der Hand hielten und mit betrübter Miene erklärten, der Absatz sei leider kaputt gewesen, aber glücklicherweise habe man einen Neuen dabei, der außerdem noch besonders preiswert sei.

Natürlich aß ich nicht nur Tintenfischbrötchen. In Madrids Altstadt gab es eine Reihe volkstümlicher Kneipen, in denen man – so auch ich in Begleitung meiner “spanischen Geschwister“ oder von Freunden – köstliche Tapas, Vorspeisen oder kleine Gerichte zu günstigen Preisen essen konnte. Heute sind diese Kneipen, wie z.B. die “Cuevas de Luis Candela“ ein teures Muss für Touristen und Auswärtige.

Noch viel mehr könnte erzählt werden, aber ich bin der Meinung, man sollte seine Leser nicht zu sehr strapazieren und langweilen, weshalb ich hiermit meine Impressionen über das längst vergangene Madrid des Jahres 1955 beende.

[Img #88053]

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